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Bauernzeitung

Die „Grazer Bauernzeitung“ (1786–1796) und ihre Innovationskraft in der Zeitungslandschaft der Habsburgermonarchie

Die „Grazer Bauernzeitung“ umfasste das eigentliche Zeitungsblatt mit aktuellen Nachrichten aus Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur, einen Anhang mit polyhistorischer Ausrichtung und ein Anzeigenblatt. Der Redakteur, Michael Hermann Ambros (1750–1809), trachtete danach, in allen drei Teilen nicht nur in Graz oder in der Steiermark, sondern auch in Innerösterreich und sogar in der gesamten Habsburgermonarchie eine führende Position zu erreichen: das Tagesgeschehen sollte durch Korrespondierende direkt an den Brennpunkten beleuchtet werden; originale allgemeinbildende und diskursive Beiträge wurden bevorzugt in den Anhang eingerückt; die Anzeigenkundschaft wurde umworben, ihre Inserate zuerst in der „Bauernzeitung“ zu veröffentlichen. Diese Strategien wurden in Paratexten offen kommuniziert. Wie der Vergleich innerhalb der regen Grazer Zeitungslandschaft, aber auch mit den anderen Medien Innerösterreichs und darüber hinaus zeigt, lag Ambros in diesen Bestrebungen quantitativ an vorderster Stelle. Insbesondere galt dies für die Kommunikation mit der Leserschaft und mit den Korrespondierenden, die eine Fülle von Informationen hinter den Kulissen bietet. Durch diese Offenheit, die auch Selbstkritik nicht ausschloss, werden Kommunikationswege greifbar; Korrespondierende können individuell, mit ihren Interessen, ihren Ansichten und ihren Professionen festgemacht werden – der Berichterstatter im entfernten Istanbul wird sogar namentlich genannt.

Eine neue Qualität und Alleinstellungsmerkmale wurden vor allem mit drei Initiativen erreicht. Die 33 Heiratsannoncen des Jahres 1794, die zu einem regelrechten Forum (!) zusammengefasst wurden, suchen ihresgleichen und bieten einen Mikrokosmos nicht nur von vordergründigen Geschlechterbeziehungen, sondern in der Tat auch von Auffassungen zu Gender-Aspekten. Die Auszüge aus Anzeigenblättern (!) der Habsburgermonarchie und des deutschen Sprachraums ergaben ab Ende 1791 ein einzigartiges ‚Metaanzeigenblatt’ mit Informationen zu Erbschaften, zum Arbeitsmarkt in der Habsburgermonarchie, zu Stipendien oder zu laufenden Konkursverfahren. Diese zeitweise intensivierte, zeitweise vernachlässigte Rubrik ermöglichte erstmals eine Zusammenschau in diesem administrativen und wirtschaftlichen Bereich, wie sie zuvor nur in der Tagesberichterstattung existiert hatte. Die letztendlich Ende 1791/Anfang 1792 nur kurzlebige Aufzeichnung von Marktpreisen wichtiger Handelsplätze in Innerösterreich, Niederösterreich, Böhmen und Mähren, im historischen Ungarn und im Banat ist nicht nur eine beträchtliche Vernetzungsleistung. Diese inoffizielle ‚Marktaufsicht von unten‘ im aufgeklärt-absolutistischen habsburgischen Obrigkeitsstaat ist vielleicht revolutionärer als jede positive Einschätzung revolutionärer Vorgänge in Europa.

 

Projektteam

Dr.

Andreas Golob

Attemsgasse 8/III
8010 Graz



Dr.

Ingrid Haberl-Scherk

Attemsgasse 8/III
8010 Graz



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